Appell an die Ausrichter von Design-Awards: Jurys geschlechterparitätisch besetzen!
Awards haben in der Designbranche einen hohen Stellenwert, sie dienen als Gütesiegel und steigern branchenweite Anerkennung und Marktwert von Preisträgerinnen und Preisträgern genauso wie des ausgezeichneten Produkts. Je nach Ausrichtung dienen sie im Fall der Auszeichnung häufig sowohl für die Unternehmen wie auch für die Produkte oder Dienstleistungen als Marketinginstrument.
Ein Award ehrt aber nicht nur die Gewinnerinnen und Gewinner, sondern auch die Personen, die über die Auszeichnungen befinden: Teil einer Jury zu sein, ist ein gern in Lebensläufen genutzter Beleg für Renommée und Expertise.
Die Zusammensetzung der Jurys prägt auch das Bild der Designbranche in der Gesellschaft – eine Auseinandersetzung mit der Besetzung dieser Gremien ist deswegen von besonderer Bedeutung.
Als Dachverband der Fach- und Berufsverbände sowie Einrichtungen des Designs in Deutschland hat der Deutsche Designtag Daten zur Geschlechtszugehörigkeit von Jurymitgliedern bei mehr 80 Design-Awards erhoben. In den Blick genommen wurden dabei alle relevanten deutschen Designwettbewerbe sowie eine Auswahl europäischer Awards. Die Ergebnisse der Auswertung sind dokumentiert und werden fortlaufend weiter aktualisiert.
Das Ergebnis ist frappierend:
So waren die Jurys von deutschen Design-Awards in der Saison 2019/2020 nur zu 29 Prozent mit Frauen, jedoch zu 71 Prozent mit Männern besetzt.
Die europäischen Wettbewerbe weisen ein etwas weniger großes Ungleichgewicht auf, aber auch hier stehen bei den untersuchten Wettbewerben 42 Prozent weibliche Jurymitglieder 58 Prozent männlichen Kollegen gegenüber.
Dieses eklatante Missverhältnis ist nur schwer mit dem zukunftsweisenden Anspruch von Design zu vereinbaren. Ein Blick zum Beispiel in die Verlagsbranche zeigt, dass renommierte Preise mit einem ausgeglichenen Frauen-Männer-Anteil in den Jurys durchaus möglich sind und deren Preisträgerinnen und Preisträger hohes Ansehen genießen: Zu beobachten etwa beim Ingeborg-Bachmann-Preis, dem Preis der Leipziger Buchmesse oder dem Deutschen Buchpreis.
Seriöse Wettbewerbe dokumentieren die Besetzung ihrer Jurys öffentlich im Rahmen der Ausschreibung. Wir mussten bei der Analyse jedoch feststellen, dass dies nicht durchgehend der Fall ist – oder dass diese Informationen zumindest schwer zugänglich sind. Diese Wettbewerbe wurden mit einem entsprechenden Vermerk in die Sammlung aufgenommen.
Der Deutsche Designtag fordert:
- von Veranstaltern privatwirtschaftlicher oder zivilgesellschaftlich organisierter Wettbewerbe: Der Anteil weiblicher Mitglieder muss kurzfristig auf ein angemessenes Niveau gebracht werden, mit dem Ziel, dass die Jurys innerhalb eines überschaubaren Zeitraums durchgehend geschlechterparitätisch besetzt sind.
- von mit öffentlichen Mitteln finanzierten Wettbewerben: Durch die Förderkriterien müssen die Veranstalter dazu verpflichtet werden, ihre Jurys paritätisch zu besetzen.
- von allen Ausrichtern von Design-Wettbewerben: Die öffentliche, gut zugängliche und umfassende Dokumentation der Jurymitglieder, inklusive der Selbstbezeichnung der Jurymitglieder hinsichtlich ihrer Geschlechtszugehörigkeit.
Die dritte Forderung verfolgt noch ein weiteres Anliegen: Der für das Thema Geschlechter-gerechtigkeit zuständige Rat des Deutschen Designtags versteht den Begriff Geschlechter-gerechtigkeit über die binäre Ordnung von Mann und Frau hinaus – was jedoch bei der Auswertung der Jurys nicht gezählt werden konnte. Gerade eine auf kulturelle Vielfalt und internationalen Austausch Wert legende Branche wie das Design sollte hier mit vorbildlichem Beispiel vorangehen – was sich so auch an der Besetzung der Jurys belegen ließe. Ganz generell sollte sich Vielfalt darüber hinaus natürlich nicht nur auf das Geschlecht beziehen – Jurys mit hoher Diversität können auf hervorragende Weise die reale Vielfalt der Branche darstellen.
Der Deutsche Designtag lädt die Ausrichter von Wettbewerben ein, sich mit den Expertinnen und Experten zum Thema Geschlechtergerechtigkeit auszutauschen und unterstützt gerne bei der Verbesserung von Wettbewerbsausschreibungen.
Der Deutsche Designtag bedankt sich bei Miriam Horn-Klimmek und dem Team von FORMLOS Berlin für die Datenzusammenstellung und Umsetzung.
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